
Katzwinkel, 07.03.2025 – Die Rückkehr und Ausbreitung des Wolfes ist eines der meistdiskutierten Naturthemen der Gegenwart. Um einen sachlichen Austausch auf allen Ebenen zu fördern, lud die Bürgerinitiative (BI) Wolfsprävention Westerwald am 07.03.2025 zu einer großen Informationsveranstaltung in die Glück-Auf-Halle in Katzwinkel ein.
Annähernd 400 Interessierte, darunter viele Weidetierhalter, folgten der Einladung und verfolgten mehr als dreieinhalb Stunden lang Vorträge und eine anschließende Podiumsdiskussion.
Die Veranstaltung verlief trotz teils kontroverser Standpunkte informativ, ruhig und fair. Dies lag nicht zuletzt daran, dass die BI von Beginn an festgelegt hatte, dass Fragen aus dem Publikum nur schriftlich gestellt werden durften. Diese Fragen bildeten das Gerüst der Podiumsdiskussion, die unaufdringlich und souverän von Kersten Klophaus, Reiter und Trainer aus Meinerzhagen, moderiert wurde.
Brisanz des Themas und politische Unterstützung
Bianca Belleflamme und Michael Schäfer, Sprecher der gastgebenden BI, begrüßten die zahlreichen Gäste und eröffneten die Veranstaltung mit einer Gedenkminute für den kürzlich verstorbenen BI-Mitbegründer Erwin Rüddel. Bürgermeister Berno Neuhoff wertete die große Resonanz als deutliches Zeichen für die Brisanz des Themas. Er dankte der BI ausdrücklich für ihre sachliche Aufklärungsarbeit und betonte die Bedeutung des Themas für die Region: „Im relativ dicht besiedelten Kreis Altenkirchen gibt es rund 1900 Landwirte und Tierhalter, viele davon im Nebenerwerb oder auf Hobbybasis.“
Neuhoff begrüßte die Entscheidung von Staatsministerin Eder, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen, und betonte: „Wir unterstützen das ausdrücklich.“ Gleichzeitig machte er deutlich, dass es nicht einfach sein werde, den Wolf zu vergrämen. Als Mitinhaber einer kleinen Herde schottischer Hochlandrinder kennt er die Herausforderungen aus eigener Erfahrung.
Spannungsfeld zwischen Herdenschutz, Gefahrenpotenzial und Jagd
Drei Referenten umrissen in ihren Vorträgen das Spannungsfeld zwischen der Ausbreitung des Wolfes, Herdenschutz, Gefahrenpotenzial und Jagd. Peter Sound vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium griff die jüngste politische Wendung in Mainz auf („Das Jagdrecht löst kein Problem“) und warnte davor, „nach dem Rasenmäherprinzip zu schießen“. Er und Julian Sandrini vom Koordinationszentrum Luchs und Wolf (Kluwo) warben für den wolfsabweisenden Herdenschutz und die Inanspruchnahme von Fördermitteln des Landes.
Sandrini verwies auf einen Infotag im Juli in Hattert (Hof Scheffen), der sich mit dem Thema der passenden Weideumzäunung beschäftigen wird. Gleichzeitig räumte er ein, dass es keinen 100-prozentigen Schutz für Weidetiere gebe, insbesondere wenn ein intelligenter Wolf wie der gefürchtete GW1896m aus dem Leuscheider Rudel auf ungeeignete Zäune treffe: „Er findet immer noch Bestände.“
Kenntnisreiche Beiträge und internationale Einblicke
Michael Weiler, Fachtierarzt und Wolfsbeauftragter des Pferdesportverbandes Hessen, referierte sehr ausführlich über die Wolfsthematik. Er ging auf die Populationsentwicklung, das Jagdverhalten der Raubtiere und erschreckende Übergriffe in Fällen ein, in denen der Herdenschutz versagte. Mit drastischen Fotos und Videos aus internationalen Quellen verdeutlichte er die Brutalität und Traumatisierung, die ein Wolfsangriff für Beutetiere und Tierhalter bedeuten kann. Gleichzeitig betonte er: „Ein Wolfshasser oder Hetzer, das bin ich nicht.“
Podiumsdiskussion: Breites Spektrum an Fragen und Standpunkten
An der Podiumsdiskussion beteiligten sich neben den Referenten auch Frank Wörner (Zoologe, Gesellschaft zum Schutz der Wölfe), Werner Neumann (Landwirt/Schäfer aus Neuwied), Lars Eric Broch (Weidezone Deutschland) und Helmut Hilpisch (stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Altenkirchen im Landesjagdverband). Die Fragen aus dem Publikum reichten von den Kosten für Wolfsmanagement und Herdenschutz-Förderung über vermeintliche Risiken für Spaziergänger bis zu Entschädigungszahlungen.
Landwirt Neumann erhielt Applaus für seine Feststellung, dass der Westerwald ohne Weidetierhaltung nur eine verbuschte Landschaft wäre – „und der Wolf ist da nur das i-Tüpfelchen obendrauf“. Michael Weiler wies auf die paradoxe Lage hin, dass die für das Tierwohl jahrelang geforderte Freilandhaltung nun im Konflikt zur Ausbreitung des Wolfes stehe.
Koexistenz als Ziel
Peter Sound vom Umweltministerium betonte: „Primär geht es um den Schutz der Weidetierhalter und der Nutztiere“ und „Koexistenz ist möglich“. Helmut Hilpisch plädierte dafür, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und ein Verfahren für einen geregelten Abschuss zu erarbeiten.
Die Veranstaltung endete mit dem gemeinsamen Fazit, dass ein sachlicher Austausch und die Zusammenarbeit aller Beteiligten der Schlüssel zur Bewältigung der Herausforderungen sind, die die Rückkehr des Wolfes mit sich bringt.
Weitere Informationen und Kontakt:
Für Fragen und Anregungen steht die Bürgerinitiative Wolfsprävention Westerwald gerne zur Verfügung. Informationen zu Fördermitteln und Herdenschutzmaßnahmen finden Sie auf der Website des Koordinationszentrums Luchs und Wolf (Kluwo).